Parteisponsoring
Parteisponsoring ist eine (noch) besonders intransparente Form der Finanzmittelbeschaffung politischer Parteien. Fast alle im Bundestag vertretenen Parteien lassen sich von Unternehmen und Verbänden mit Geldleistungen sponsern. Als Gegenleistung erhalten die Sponsor:innen in der Regel die Möglichkeit zu einer Selbstpräsentation, zuweilen auch persönliche Kontakte zu Entscheidungsträgern.
2024 beschloss der Bundestag, dass Parteisponsoring ab dem Jahr 2025 in den Rechenschaftsberichten der Parteien auszuweisen ist. Ab einem Sponsoringwert von 750 Euro im Einzelfall oder bei mehreren Sponsorings mit einem Gesamtwert von mehr als 6.000 Euro pro Jahr für denselben Gebietsverband einer Partei müssen die Sponsor:innen namentlich ausgewiesen werden.[1]
Die Rechenschaftsberichte für das Jahr 2025 werden 2027 veröffentlicht, sodass die Sponsoren der Parteien dann zum ersten Mal sichtbar werden.

Inhaltsverzeichnis
Einnahmen aus Sponsoring
Parteisponsoring ist bisher hochgradig intransparent. In den Rechenschaftsberichten der Parteien werden weder die Gesamtsumme der Einnahmen aus Sponsoring gesondert angegeben, noch die Sponsor:innen namentlich aufgeführt - unabhängig von der Höhe der geleisteten Beträge. Einkünfte durch Sponsoring fließen zudem in unterschiedliche Sammelposten der Berichte ein: Direkte Sponsoringzahlungen an eine Partei gehen als namenlose Gesamtsumme in den Sammelposten „Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit“ ein. Für den Zeitraum 2012-2020 gaben die Parteien unter diesem Posten folgende Einnahmen an (in Klammern der Anteil an den Gesamteinnahmen der jeweiligen Partei).[2]
2023 | 2022 | 2021 | 2020 | 2019 | 2018 | |
---|---|---|---|---|---|---|
CDU | noch nicht veröffentlicht | 5.760.987,03 (3,81%) | 13.480.793,84 (8,83%) | 13.208.843,56 (8,97%) | ||
CSU | noch nicht veröffentlicht | 1.465.323,63 (3,22%) | 6.019.009,50 (12,52%) | 6.714.113,76 (13,61%) | ||
SPD | noch nicht veröffentlicht | 5.514.262,02 (3,34%) | 10.451.010,35 (6,18%) | 9.993.328,61 (5,80%) | ||
FDP | noch nicht veröffentlicht | 1.164,362.91 (3,15%) | 1.505.674,62 (3,96%) | 1.360.791,78 (3,81%) | ||
Bündnis 90/Die Grünen | noch nicht veröffentlicht | 449.726,08 (0,68%) | 1.015.996,12 (1,70%) | 847.979.79 (1,75%) | ||
Linke | noch nicht veröffentlicht | 52,747.78 (0,16%) | 175.725,10 (0,52%) | 210.086.40 (0,63%) | ||
AfD | noch nicht veröffentlicht | 44.708,67 (0,18 %) | 107.306,79 (0,41%) | 127.976,96 (0,45%) |
2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | |
---|---|---|---|---|---|---|
CDU | 12.782.222 (8,16%) | 12.815.038 (8,85%) | 12.343.249 (8,61%) | 12.398.073 (8,42%) | 11.687.842 (7,74%) | 11.703.787 (8,54%) |
CSU | 6.266.936 (14,45%) | 6.325.982 (16,27%) | 6.429.115 (10,88%) | 6.638.820 (14,19%) | 7.326.644 (15,39%) | 6.957.510 (18,25%) |
SPD | 11.687.440 (7,03%) | 10.833.791 (6,91%) | 12.346.752 (7,87%) | 12.791.866 (7,91%) | 15.255.422 (9,27%) | 12.609.914 (8,33%) |
FDP | 1.357.423 (3,50%) | 1.257.154 (4,63%) | 1.160.650 (4,50%) | 1.207.874 (4,48%) | 1.807.529 (5,42%) | 1.834.573 (5,38%) |
Bündnis 90/Die Grünen | 678.643 (2,21%) | 890.100 (2,11%) | 650.966 (1,63%) | 631.865 (1,59%) | 843.988 (2,10%) | 837.355 (2,18%) |
Linke | 264.347 (0,84%) | 268.173 (0,90%) | 251.547 (0,90%) | 243.856 (0,89%) | 244.344 (0,88%) | 249.655 (0,84%) |
AfD | 42.749 (0,23%) | 116.952 (0,75%) | 34.906 (0,24%) | 40.178 (0,32%) | 11.290 (0,15%) | - |
Indirekte Sponsorzahlungen, die über ein parteieigenes Unternehmen abgewickelt werden, fließen in den Posten „Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen“. Auch hier konnten einzelne Zuwendungen nicht zurückverfolgt werden - weder über die Rechenschaftsberichte noch über die Geschäftsberichte der Parteiunternehmen.
Erzielt werden Einnahmen aus Parteisponsoring vor allem dadurch, dass Ausstellungsflächen auf Parteiveranstaltungen und Werbeanzeigen in Parteizeitungen weit über Marktniveau verkauft werden. Nach Recherchen des Nachrichtenmagazins Monitor verlangten Parteien im Jahr 2011 für Ausstellungsstände auf ihren Parteitagen pro Quadratmeter zwischen 250 und 320 € - ein m² Ausstellungsfläche auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main kostete dagegen nur 150 €. Anzeigen in Mitgliederzeitungen kosteten pro 1000 Leser zwischen 39 € (SPD) und 346 € (CSU) – letzteres ist der neunzehnfache Preis einer Anzeige in der bundesweit erscheinenden MieterZeitung und immerhin der sechsfache Preis einer Anzeige im Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL.[3]
Vergleich Parteispenden und Parteisponsoring
Während Sponsoren im Sportbereich hauptsächlich eine breite Öffentlichkeit für ihre Werbebotschaften erreichen und das positive Image der gesponserten Akteure auf ihre Marke übertragen wollen, sind diese Ziele im Parteisponsoring kaum erreichbar bzw. wünschenswert. Für Unternehmen und Verbände gibt es im Wesentlichen drei Motive, einer Partei als Sponsor und nicht als Spender Geldmittel zukommen zu lassen:
Fehlende Transparenz
Größere Geldzuwendungen an Parteien ließen sich durch Sponsoring bislang vor der Öffentlichkeit verbergen. 2024 beschloss der Bundestag, dass Parteisponsoring ab dem Jahr 2025 in den Rechenschaftsberichten der Parteien auszuweisen ist. Ab einem Sponsoringwert von 750 Euro im Einzelfall oder bei mehreren Sponsorings mit einem Gesamtwert von mehr als 6.000 Euro pro Jahr für denselben Gebietsverband einer Partei müssen die Sponsor:innen namentlich ausgewiesen werden.[1]
Es besteht jedoch weiterhin die Schwierigkeit, das Parteisponsoring von Parteispenden abzugrenzen. Ein Sponsoring muss laut Parteiengesetz der Förderung der Partei dienen. Zugleich muss die Partei eine Gegenleistung in Form von Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit leisten. Zuwendung und Gegenleistung sollen dabei "nicht außer Verhältnis" stehen.[1] Diese Formulierung ist jedoch reichlich unklar. Ist der gezahlte Betrag unverhältnismäßig hoch beziehungsweise die Gegenleistung zu gering, würde es sich um eine Parteispende handeln. Für Parteispenden gibt es eine Reihe gesetzlicher Annahmeverbote, die für das Parteisponsoring nicht gelten, zum Beispiel für weitergeleitete Spenden (sog. Strohmannspenden).
Möglichkeit zur Lobbyarbeit
Sponsor:innen erhalten zudem einen privilegierten Zugang zur gesponserten Veranstaltung. Lobbyist:innen können am Ausstellungsstand relativ einfach mit hochrangigen Parteifunktionär:innen und Mandatsträger:innen ins Gespräch kommen und ihre Anliegen zu Gehör bringen.[3]
Steuerliche Absetzbarkeit
Sponsoring-Kosten können von Unternehmen als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistungen des Sponsors notwendig, üblich oder zweckmäßig sind. Kauft ein Unternehmen beispielsweise von einer Partei für 60.000 € Werbeflächen, reduziert sich sein zu versteuernder Gewinn dadurch um den gleichen Betrag; allein durch die gesparte Körperschaftssteuer von 9000 € (bei einem Steuersatz von 15%) reduzieren sich die tatsächlichen Ausgaben des Unternehmens auf 51.000 €. Spenden an politische Parteien können dagegen nicht steuerlich geltend gemacht werden.
Berufsverbände profitieren von der Möglichkeit, einer Partei durch Sponsoring Gelder zukommen zu lassen, sogar noch stärker als Unternehmen. Bei Parteispenden müssen Verbände 50% des Betrags als Körperschaftssteuer an das zuständige Finanzamt abführen, sodass eine Spende von 60.000 € tatsächliche Kosten von 90.000 € verursachen würde.
Für staatseigene Konzerne wie die Deutsche Bahn ist Parteisponsoring die einzige Möglichkeit, Parteien Geldmittel zukommen zu lassen. Denn Parteien dürfen von Unternehmen, die zu über 25% im Eigentum der öffentlichen Hand sind, keine Spenden annehmen. Die Annahme von Sponsorengeldern von Staatskonzernen ist den Parteien jedoch erlaubt.
Fallbeispiele
- Nach Recherchen des ZDF-Magazins Frontal 21 bot die SPD-Tochterfirma Network Media GmbH (NWMD) Treffen mit SPD-Ministern, Staatssekretären und Parteifunktionären gegen Geldzahlungen an ("#RentaSozi").[4] Unternehmen und Lobbygruppen konnten gegen Zahlung von 3000 bis 7000 Euro an den sogenannten „vorwärts-Gesprächen“ teilnehmen. Frontal21 lagen dafür Angebote und ein Kostenvoranschlag vor. An den "vorwärts-Gesprächen" nahmen unter anderem Heiko Maas (damals Bundesjustizminister), Andrea Nahles (damals Bundesarbeitsministerin), Thomas Oppermann (damals Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion), Katarina Barley (damals SPD-Generalsekretärin), Matthias Machnig (damals Staatssekretär im Wirtschaftsministerium) und Hubertus Heil (damals SPD-Bundestagsabgeordneter) teil. Die Politiker gaben im Verlauf der Recherchen bzw. nach Bekanntwerden des Skandals an, von dem finanziellen Hintergrund der Lobbygespräche nichts gewusst zu haben. [5] Als Konsequenz aus dem Skandal wurden die "vorwärts-Gespräche" eingestellt und der NWMD-Geschäftsführer entlassen. Darüber hinaus kündigte die SPD einen Gesetzentwurf an, der Sponsoring regeln und transparent machen sollte. [6] Die Fraktion beschloss zwar den Entwurf, reichte ihn jedoch nie in den Bundestag ein. Lediglich die Sponsor-Einnahmen des SPD-Bundesvorstands werden seither auf der Internetseite der Partei freiwillig veröffentlicht. [7], [8]
- Die Missbrauchsmöglichkeiten des Parteisponsorings für Lobbyarbeit wurden im Februar 2010 im sogenannten „Rent-a-Rüttgers“-Skandal offensichtlich: Ausgewählte Sponsoren erhielten damals einen Brief von der CDU NRW, der mit den Worten begann: „Die CDU Nordrhein-Westfalen bietet Ihnen wieder die Möglichkeit, sich mit Ihrem Unternehmen auf unserem Landesparteitag zu präsentieren und mit Politik und Medien in einen Dialog zu treten.“ Daraufhin wurde für 20.000 Euro ein sogenanntes „Partnerpaket“ angeboten, das neben einem rund 15 Quadratmeter großen Stand auf einem Parteitag auch „Einzelgespräche mit dem Ministerpräsidenten und den Minister/innen“, damals Jürgen Rüttgers (CDU), versprach. Für 14.000 Euro bot die Partei eine Ausstellungsfläche von 10 bis 15 Quadratmetern an; in diesem günstigeren Angebot waren keine vertraulichen Gespräche, sondern nur ein „Fototermin und Rundgang mit dem Ministerpräsidenten und den Minister/innen“ enthalten.[9] Im Zuge der Affäre geriet Rüttgers unter erheblichen Druck und bewegte den damaligen Generalsekretär Hendrik Wüst zum Rücktritt.[10] Im Jahr 2021 wurde Hendrik Wüst selbst Ministerpräsident in NRW.
- Auch die Sachsen-CDU hatte 2010 einen Sponsoring-Skandal, als bekannt wurde, das potentiellen Sponsoren der CDU-Veranstaltung "Denkfabrik Sachsen" ein persönliches Gespräch mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich angeboten wurde.[11]
- Der Spiegel berichtete 2010 über Kamin-Abende mit SPD-Politikern bei der SPD-Parteizeitung vorwärts und dass Anzeigen im "Vorwärts" und Sponsoring von Veranstaltungen den Weg zu Spitzenpolitikern der SPD ebne. [12]
- Im Oktober 2006 stellte die ProLogo GmbH, die das Sponsoring für die FDP abwickelte, der politikerscreen.de AG sechs Rechnungen über "Sponsorenbeiträge" für FDP-Veranstaltungen. Die Rechnungen addierten sich genau auf 100.000 Euro. Die politikerscreen.de AG war Teil des Firmengeflechts rund um die Lobbyagentur EUTOP. Einen Monat zuvor hatte der damalige FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle in einem Gastbeitrag auf politikerscreen.de gegen eine weitreichende Regulierung des neuen VDSL-Breitbandnetzes der Deutschen Telekom argumentiert. Die Telekom-Tochtergesellschaft T-Online war währenddessen Kunde von EUTOP. Die Zahlungen wurden erst 2010 durch Recherchen des Spiegel bekannt.[13] (Weitere Details siehe EUTOP)
- Die bislang bestehende Gesetzeslücke rund um die Praxis des Parteisponsorings nutzte auch die Tabaklobby geschickt aus. Tabakwerbung in Printmedien ist in Deutschland seit Anfang 2007 verboten. Firmen wie Reemtsma und British American Tobacco inserieren aber regelmäßig in Parteipublikationen wie Der Bayernkurier (CSU), Die Entscheidung (CDU), Elde (FDP) und Vorwärts (SPD). Die Ausgaben für die Anzeigen übertreffen die offiziellen Parteispenden der Branche oftmals bei Weitem. So hat die Tabakindustrie im Vorwärts der Jahrgänge 2006 bis 2009 Annoncen geschaltet, die laut Listenpreis fast 500.000 Euro gekostet haben. [14] Solche Summen kommen dabei auch durch die unüblich hohen Preise der Anzeigen zustande. Eine halbe Seite im Vorwärts kostete Reemtsma mehr als 10.000 Euro.[15] Das Verbot für Tabakwerbung wird umgangen mit der Begründung, dass es sich bei den Anzeigen der Tabakfirmen nicht um Produktwerbung, sondern um Imagewerbung für die Unternehmen handelt. [16]
- Auch der Tabak-Marktführer in Deutschland Philip Morris gibt viel Geld für Parteisponsoring aus. Von 2010 bis 2015 zahlte der Marlboro-Hersteller nach eigenen Angaben 544.000 Euro als Sponsoring-Gelder an Union, SPD und FDP. Fast 60 Prozent der Gelder gingen an die Union. Die Parteispenden des Tabakkonzerns beliefen sich im selben Zeitraum auf 358.000 Euro, wobei sichtbar wurde, dass das Gewicht des intransparenten Sponsoring im Zeitverlauf kontinuierlich wuchs. Nur ein Bruchteil der Philip-Morris-Zahlungen wird in den Rechenschaftsberichten der Parteien sichtbar. So werden etwa von den rund 100.000 Euro, die die CDU in 2015 von dem Konzern erhielt, im Bericht der Partei nur 15 Prozent namentlich als Spende ausgewiesen, die übrigen 85 Prozent bleiben anonym. [17]
- Die Autoindustrie gehört seit jeher zu den wichtigsten Geldgebern deutscher Parteien. Dabei haben BMW und Volkswagen inzwischen von Parteispenden auf Parteisponsoring umgestellt. Dies bringt den Konzernen zum einen steuerliche Vorteile. Zweitens führt es dazu, dass der Konzernname nicht mehr in den Rechenschaftsberichten der Parteien veröffentlicht wird. Diese Unsichtbarmachung von Geldflüssen aus der Autoindustrie begann kurz vor dem Bekanntwerden des Abgas-Skandals ("Dieselgate"). Volkswagen zahlte in den Jahren 2014-2017 insgesamt 656.260 Euro Sponsorengeld an Union, SPD, FDP und Grüne. Im Jahresdurchschnitt überwies VW damit viermal so viel Geld wie es bis 2008 an Parteien spendete. (Mehr dazu im Lobbypedia-Artikel zu Volkswagen.
Politische Debatte
Die GRECO-Kommission des Europarats äußerte sich bereits im Jahre 2009 kritisch gegenüber Parteisponsoring in Deutschland: „Verschiedene Gesprächspartner räumten ein, dass Sponsoring mit einer Gegenleistung verbunden ist (die üblicherweise in einer Vereinbarung festgelegt wird). Wahrscheinlich erfüllt diese Art der Unterstützung die Anforderungen von § 25 Abs. 7 PartG daher nicht vollständig und steht nicht in Einklang mit dem Gesetz."[18] GRECO mahnte Deutschland, die Sponsoring-Praxis zu überprüfen. Die Kritik prallte allerdings an der damaligen schwarz-gelben Koalition ab - in einer Stellungnahme zur GRECO-Kritik hieß es, die Sponsoring-Regeln seien diskutiert und für rechtens befunden worden.[19]
Nach Bekanntwerden der Rent-a-Rüttgers-Affäre wurde das Thema 'Parteisponsoring' im Bundestag debattiert. Die Fraktion der Linken forderte, Parteisponsoring komplett zu verbieten.[20] Die Grünen wollten Parteisponsoring mit Parteispenden gleichstellen und es damit den gleichen Anforderungen in puncto Transparenz, Deckelung und steuerliche Absetzbarkeit unterwerfen. [21] Die SPD stellte zwar keine eigenen Anträge, unterstützte in ihrem Wahlprogramm aber „die Forderung, Sponsoring in den Rechenschaftsberichten der Parteien aufzuführen.“[22]
Auch aus der damaligen Regierungskoalition war Kritik am Fall Rüttgers zu vernehmen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bezeichnete das Schreiben der CDU NRW als „politisch selten dämlich“[23] und leitete ein Verfahren ein – mit dem Ergebnis, dass das Vorgehen der CDU NRW formal rechtens war. Lammert betonte in einer Unterrichtung des Bundestags jedoch: „Ob ein Leistungs-Gegenleistungsverhältnis nachvollziehbar angemessen ist und somit also keinen bezifferbaren Raum für das Vorliegen einer verdeckten Spende lässt, entzieht sich weitgehend einer generalisierenden Betrachtung.“[24]
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte das Verhalten von Ministerpräsident Rüttgers scharf: „Ich darf [...] nicht das Amt des Ministerpräsidenten vermischen mit dem Sponsoring und den Eindruck erwecken, als würde mit diesem Amt geworben. Das geht nicht."[25]Sie forderte die Parteien auf, über Änderungen des Parteiengesetzes zu diskutieren.[26] Der zuständige CDU-Bundestagsabgeordnete Ingo Wellenreuther hielt es möglicherweise für „förderlich […], Sponsoring klarer im Parteiengesetz zu verankern, um es noch transparenter zu machen.“[27]
Forderungen von LobbyControl zum Parteisponsoring
Die Änderung des Parteiengesetzes, die eine Offenlegung von Parteisponsoring ab 2025 vorsieht, ist positiv zu bewerten. Es besteht jedoch weiterhin die Schwierigkeit, das Parteisponsoring von Parteispenden abzugrenzen. Für Parteispenden gibt es eine Reihe gesetzlicher Annahmeverbote, die für das Parteisponsoring nicht gelten. Am einfachsten wäre es daher, die Annahmeverbote und Offenlegungspflichten für beide Kategorien einheitlich zu gestalten.
Zudem fordert LobbyControl:
- Obergrenzen: Parteisponsoring und Parteispenden sollten auf maximal 50.000€ pro Sponsor:in oder Spender:in je Partei begrenzt werden
- Bessere Kontrolle: Zur Durchsetzung des Parteiengesetzes sollte eine unabhängige Behörde geschaffen werden, die mir ausreichend starken Kontroll- und Ermittlungsbefugnissen ausgestattet ist. Zusätzlich braucht es eine öffentliche Datenbank mit sämtlichen Daten zu Parteisponsoring und -spenden.
- Verbot der käuflichen Kontaktvermittlung für Parteien: Parteien dürfen keine Kontakte zu ihren Politiker:innen gegen Geld anbieten oder vermitteln - auch nicht über parteieigene Firmen oder assoziierte Vereine.
- Geldflüsse über Dritte transparent machen: Wer Spenden oder Sponsorgeld einnimmt, um damit Veranstaltungen oder Werbemaßnahmen zugunsten einer Partei durchzuführen, soll denselben Transparenzregeln unterworfen sein wie die Parteien.
Weitere wünschenswerte Verbesserungen für den gesamten Bereich Parteienfinanzierung im Artikel Parteienfinanzierung.
Literatur
- Martin Morlok, Ulrich von Alemann, Thilo Streit (Hrsg.): Sponsoring - ein neuer Königsweg der Parteienfinanzierung?, Baden-Baden 2006.
- Johanna Hey: "Parteiensponsoring im Steuerrecht - lassen sich die Abzugsgrenzen zu § 10b Abs.2 EStG umgehen?". In: Der Betrieb, Juli 2005, Heft 26/27, S. 1403-1407.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Elftes Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes, recht.bund.de, 04.03.2024, abgerufen am 13.02.2025
- ↑ Rechenschaftsberichte der Parteien: [1], abgerufen am 08.07.2019
- ↑ 3,0 3,1 Vgl. Beitrag des Nachrichtenmagazins Monitor über Parteisponsoring, abgerufen am 18.11.2016
- ↑ Gesponsorte Treffen mit SPD-Politikern, Frontal 21 vom 22.11.2016, abgerufen am 22.11.2016
- ↑ Rent-a-Sozi: Kosmetische Korrekturen und Reformvorstöße, LobbyControl, 24.11.2016
- ↑ Nach Rent-a-Sozi-Affäre: SPD-Vorstoß für mehr Lobbytransparenz, LobbyControl, 24.2.2017
- ↑ Politiker mieten geht immer noch, LobbyControl, 04.07.2017
- ↑ SPD: Finanzen - Sponsoring
- ↑ Angebot an Sponsoren: NRW-CDU verkauft Gesprächstermine mit Rüttgers, Spiegel Online vom 20.02.2010, abgerufen am 24.04.2014
- ↑ Rent-a-Rüttgers! stern.de vom 22.02.2010, abgerufen am 02.06.2010
- ↑ Sponsoring-Affäre bei der CDU: Auch Sachsens Ministerpräsident Tillich lässt sich vermarkten, Spiegel Online vom 27.02.2010, abgerufen am 25.04.2014.
- ↑ Auch SPD-Politiker werden vermarktet. Spiegel Online vom 23.02.2010, zuletzt abgerufen am 18.11.2016
- ↑ Der Spiegel 13/2010: Teure Broschüren, abgerufen am 06.01.2015.
- ↑ Vgl. Auszug aus Aufstellung der Zapp-Redaktion, NDR (liegt vor)
- ↑ Die Zigarettenindustrie unterstützt großzügig die Volksparteien, Südwestrundfunk, 24.September 2009, abgerufen am 23.07.2015
- ↑ Zwischen Werbeverbot und Meinungsfreiheit, abgerufen 30.3.2015
- ↑ Wie der Tabakkonzern Philip Morris die Parteien sponsert, LobbyControl 05.12.2016
- ↑ Vgl. Evaluierungsbericht über die Transparenz der Parteienfinanzierung in Deutschland, verabschiedet von GRECO auf ihrer 45. Vollversammlung (Straßburg, 30. November – 4. Dezember 2009), Seite 24.
- ↑ LobbyControl: Jede Grenze würde willkürlich wirken, abgerufen am 22.11.2016
- ↑ Vgl. Antrag der Fraktion die Linke: „Parteien-Sponsoring im Parteiengesetz regeln“. 02.03.2010, Drucksache 17/892, abgerufen am 20.05.2014; vgl. auch: Antrag der Fraktion die Linke: „Demokratie stärken, Lobbyismus verhindern und Parteifinanzierung transparenter gestalten“. 21.03.2012. Drucksache 17/9063, abgerufen am 20.05.2014.
- ↑ Vgl. Antrag der Fraktion die Grünen: „Partei-Sponsoring transparenter gestalten“. 24.03.2014, Drucksache 17/1169, abgerufen am 20.05.2014; vgl. Antrag der Fraktion die Grünen: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes, 12.12.2012, Drucksache 17/11877, abgerufen am 20.05.2014.
- ↑ SPD-Wahlprogramm: „Das Wir entscheidet. Regierungsprogramm 2013-2017“, S. 96, abgerufen am 21.05.2014
- ↑ 'Politisch selten dämlich'. Rüttgers unter Druck, in: n-tv.de vom 23.03.2010, abgerufen am 20.05.2010
- ↑ Unterrichtung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages: Bericht über die Rechenschaftsberichte 2008 und 2009 der Parteien sowie über die Entwicklung der Parteienfinanzen gemäß § 23 Absatz 4 des Parteiengesetzes, Drucksache 17/8200 vom 16.12.2011, S. 34, abgerufen am 17.04.2014.
- ↑ Sponsoring-Affäre. Grüne verlangen Änderung des Parteiengesetztes. In: Spiegel Online, 01.03.2010, abgerufen am 20.05.2014.
- ↑ NRW und Sachsen: Merkel will Sponsoring-Regeln prüfen. In: Handelsblatt.com, 6.3.2010, abgerufen am 6.6.2013.
- ↑ Protokoll der 27. Sitzung des Bundestages am 04.03.2010, Aktuelle Stunde „Spenden- und Sponsoring-Praxis von Parteien und Glaubwürdigkeit der Politik“, Drucksache 17/27, S. 2368, abgerufen am 21.05.2014.